Sinner triumphiert in Wien nach Krimi-Finale, Turnier bricht Rekorde

Während João Fonseca in Basel seinen bisher größten Titel feierte, kämpfte sich Jannik Sinner in einem packenden Finale in Wien zum Sieg. Das Tennisfest in der österreichischen Hauptstadt zog dabei so viele Fans an wie nie zuvor und setzte neue Maßstäbe für die Zukunft.

Ein Finale für die Geschichtsbücher

„Da ist es!“, rief der Kommentator in Wien, als hätte er mehr als zwei Stunden auf genau diesen Moment gewartet. Und das hatte er auch. Nach zwei Stunden und 25 Minuten eines hochklassigen und nervenaufreibenden Finales zwischen Jannik Sinner und Alexander Zverev stand es 5:5 im entscheidenden dritten Satz. Bis dahin war die Partie völlig ausgeglichen: Beide Spieler hatten einen Satz mit 6:3 gewonnen und sich gegenseitig einmal den Aufschlag abgenommen. Die Ballwechsel waren lang, intensiv und kräftezehrend. Von 180 gespielten Punkten hatten beide fast exakt die Hälfte gewonnen – alles deutete auf einen finalen Tiebreak hin.

Doch dann, beim Stand von Einstand, lieferten sich der Italiener und der Deutsche einen atemberaubenden Ballwechsel über 24 Schläge. Der letzte dieser Schläge sollte der wichtigste des gesamten Matches werden. Sinner, in seine Rückhandecke gedrängt, entschied sich gegen einen sicheren Return und schlug stattdessen eine flache, knallharte Rückhand die Linie entlang, die unerreichbar für Zverev genau auf der Linie landete und ihm einen Breakball einbrachte. Direkt im Anschluss zwang er Zverev in einen weiteren langen Ballwechsel, bei dem der Deutsche schließlich einen Fehler machte und eine Rückhand ins Aus schlug. Sinner hatte das entscheidende Break geschafft. Nur drei Minuten später sicherte er sich seinen vierten Titel im Jahr 2025, seinen zweiten Sieg bei seinem Quasi-Heimturnier in Wien und seinen 21. Sieg in Folge auf Hartplätzen in der Halle.

„Der Start ins Finale war unglaublich schwierig für mich“, erklärte Sinner, der gegen Ende des Matches auch mit einer Oberschenkelverletzung zu kämpfen hatte. „Ich habe einfach versucht, mental dranzubleiben und mein bestes Tennis zu spielen, wenn es darauf ankommt. Phasenweise habe ich den Ball gut getroffen.“ Die Statistik bestätigt das: Sinner verbuchte 46 Winner bei nur 21 unerzwungenen Fehlern und bewies in den entscheidenden Momenten die Fähigkeit, mehr Risiko zu gehen als sein Gegner – und dafür belohnt zu werden.

Ein Turnier der Superlative

Der spektakuläre Sieg von Sinner war der krönende Abschluss der Erste Bank Open 2025, die in jeder Hinsicht ein Erfolg waren. Turnierdirektor Herwig Straka zog am Sonntag eine überaus positive Bilanz. Ein Traumfinale zwischen Sinner und Zverev, das gelungene Debüt der Marx Halle als zweitem Spielort und ein neuer Zuschauerrekord von 82.000 Besuchern – besser hätte die Woche kaum laufen können.

„In der Stadthalle sind wir an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen. Der Mittwoch war der besucherstärkste Tag in der Geschichte des Turniers – es gab keine einzige Karte mehr, nicht einmal für Stehplätze, was noch nie vorgekommen ist“, erläuterte Straka. „Dank der Marx Halle haben wir heuer erstmals die 80.000er-Marke geknackt.“

Inklusion und ambitionierte Zukunftspläne

Der neue Standort brachte nicht nur mehr Fans, sondern erweiterte auch das Angebot des Events. Erstmals wurde im Rahmen der Erste Bank Open ein Rollstuhltennis-Turnier ausgetragen, das auf große Begeisterung stieß. Der Brite Gordon Reid, Nummer 5 der Welt, sicherte sich den Titel eindrucksvoll mit einem 6:3, 6:1-Sieg im Finale gegen den Franzosen Stéphane Houdet und nahm ein Preisgeld von 5.000 € mit nach Hause.

„Es war eine unglaubliche Erfahrung, hier zu sein“, sagte Reid nach seinem Sieg. „Jeder hat uns von der ersten Minute an große Wertschätzung entgegengebracht – man fühlt sich wirklich als Teil der Turnierfamilie. Heute auf dem Centre Court mit dieser fantastischen Atmosphäre zu spielen, war ein wahr gewordener Traum.“ Für Straka ist dies ein wichtiger Schritt für die Zukunft: „Wir wollen die Veranstaltung noch inklusiver machen. Deshalb denken wir auch über ein Damenturnier nach, damit die Erste Bank Open als Startrampe für das österreichische Tennis dienen können.“

Ausblick mit Weltklasse-Besetzung

Sportlich war die Ausgabe 2025 mit fünf Spielern aus den Top 10 der Welt absolute Weltklasse. „Dieses Teilnehmerfeld werden wir kaum noch toppen können“, gab Straka zu. „Fünf Top-10-Spieler sind fantastisch, und wenn wir das in Zukunft wieder erreichen können, wäre das großartig.“

Mit Blick auf das nächste Jahr verriet Straka, dass er sich bereits kommende Woche in Paris mit Jannik Sinner treffen wird, um über eine mögliche Rückkehr 2026 zu sprechen. „Er spielt wirklich gerne hier“, so Straka. „Wenn er sich für ein 500er-Turnier entscheidet, wird Wien sicher weit oben auf seiner Liste stehen.“ Dass sowohl Sinner als auch Carlos Alcaraz gleichzeitig in Wien aufschlagen, hält er jedoch für „unrealistisch“. Auf der Wunschliste für dieses Jahr standen auch andere große Namen wie Ben Shelton und der aufstrebende brasilianische Star João Fonseca, der zeitgleich in Basel sein Ausnahmetalent unter Beweis stellte.